Döbelner Allgemeine vom 17. Juni 1999

Momentaufnahme einer Schlacht
Interessante Ausstellung auf Burg Mildenstein: Französische "Donjons" - Wohntürme, die letzte Zuflucht einer Burg


Leisnig (Eig.Bericht / K.G:). Angefangen hat alles mit dem Wunsch, zu den Spielzeugrittern endlich auch eine maßstabsgerechte Burg zu bauen. Daraus wurde eine Leidenschaft, deren Ergebnis zwar wie eine Spielburg aussieht, aber eine maßstabsgerechte, historisch fundierte und zugleich bedeutende Nachbildung der Belagerung von Coucy in Nordfrankreich ist. Gemeinsam mit Freunden der "Gesellschaft für Internationale Burgenkunde" und Schülern hat Bernhard Siepen in anderthalb Jahren das geschaffen, was gegenwärtig auf Burg Mildenstein zu sehen ist: ein Stück erlebbar gemachter Geschichte.

1339, die Burg Coucy, nördlich von Paris, wird von englischen Truppen angegriffen. Blutiges Gemetzel  auf  dem  Schlachtfeld,

Belagerungstürme, die bedrohlich auf die Wehrmauer zurollen, englische Soldaten, die mit Seilen die Mauer erklimmen, Verletzte, die ins Lazarett getragen werden. Die Momentaufnahme einer Schlacht. Und im Inneren der Burg geht das normale Leben weiter: in Burgküche, Rittersaal, Folterkeller, in der Schmiede..., Gaukler, Ritter, Spielleute... Man muß Zeit mitbringen, einfach stehen bleiben und schauen, wird immer mehr Details entdecken. Zeichnungen und zahlreiche Erläuterungen lassen den Betrachter die Geschichte des authentischen Modells der Burg und die 2500 handbemalten Figuren verstehen. Anschaulicher können Modelle für den Geschichtsunterricht kaum sein. Und so besuchten denn auch schon zahlreiche Klassen die Ausstellung auf Burg Mildenstein.
Auch der wissenschaftliche Teil kommt nicht zu kurz. Seit über zwölf Jahren schon

beschäftigt sich Bernhard Siepen - freischaffender Architekt und Burgenkundler - mit dem Thema "Französische Donjons", mit Wohntürmen, der letzten Zuflucht einer Burg. Für eine noch in Arbeit befindliche Veröffentlichung untersuchte Siegen 130 Donjons, machte Aufmaße, Fotodokumentationen, Skizzen, stellte Vergleiche an. Ein Bruchteil seiner wissenschaftlichen Arbeit kann der Besucher auf Mildenstein sehen.
Besonders interessant ist das Modell der Burg Coucy auch deshalb, weil die Burg 1917 von deutschen Truppen zerstört wurde und nun von einem deutschen Burgen-kundler nachgebildet wurde. Noch bis zum 15. August ist die Ausstellung auf Burg Mildenstein zu sehen, erlebt hier ihre Sachsen-Premiere. Danach wandert die Aus-stellung nach Frankreich, wird in der Abtei-kirche St. Leger gezeigt, einem Ort, der nur 20 Kilometer von Coucy entfernt ist.

Die Belagerung der Burg Coucy durch englische Truppen - nachvollziehbar dargestellt auf Burg Mildenstein.
                                                                                                                                                                        Foto: Siepen